Erik Martens - zoologischer Fachhandel
                                           aus der Ostheide - Norddeutschland

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Ameisenhaltung - eine persönliche Einleitung


Ameisenhaltung


Ameisen sind faszinierende Insekten und können mehr,
als man auf den ersten Blick vermuten mag!

Um deine Ameisen besser kennen zu lernen, habe ich für Dich einige Informationen zusammen gefasst.

Ich wünsche viel Erfolg und Spaß in der Ameisenhaltung!

Solltest Du einmal nicht weiter wissen, melden dich gerne über das Kontaktformular oder über die sozialen Medien.  ヅ


Allgemein

In unserem Ökosystem sind sie nahezu überall: Ameisen - die heimliche Weltmacht. 
Ameisen bilden den Höhepunkt der Evolution von sozialen Insekten und die Vielfalt umfasst um
die 14.000 Arten.

Diese Vielfalt von Ameisen umfasst hoch spezialisierte Arten, die auf ihre Art und Weise einen Platz in der Fauna und Flora gefunden haben.
Von diesen erfassten Arten, befinden sich nur rund
175 Arten in Mitteleuropa.

Diese sind dank renomierter Myrmekologen besonders gut erfasst und beschrieben.
Sogenannte 'Neuheiten' und 'Sensationen' auf dem Ameisenbasar sind mit Vorsicht zu genießen.

Neben mangelnder Haltungskenntnisse steht hier meist der direkte Absatz,
selten jedoch ein halterisches stabile Niveau und das Wohl der Wirbellosen an erster Stelle.

Innerhalb der Insektenordnung der
Hautflügler, zu der auch Hummeln, Wespen und Hornissen gehören, werden die
Ameisen zu der Familie der Formicidae gezählt.



Aufbau und Funktion

Der
Körper der Ameise unterteilt sich in drei Teile:

Caput (der Kopf)
Mesosoma (das Mittelteil, ehemals Thorax bezeichnet)
Gaster (der Hinterleib)

Bei den meisten Ameisenarten kann morphologisch folgende Unterscheidung stattfinden:

➥ die
Gynen (Vollweibchen)
➥ die
Männchen (nicht Drohnen, wie bei Hummeln, Bienen,...)
➥ die
sterile weibliche Arbeiterinnenkaste

Diese sterile weibliche Arbeiterinnenkaste kann sich je nach Art in Subkasten aufteilen.

Minor-Arbeiterinnen
Media-Arbeiterinnen
Major-Arbeiterinnen

Je nach Art gibt es auch sogenannte ergatomorphe Individuen in einer Kolonie.

Diese fungieren als eierlegende Gyne, sehen optisch jedoch den Arbeiterinnen sehr ähnlich.
Sie sind allein durch die Funktion als Gyne gekennzeichnet und unterscheiden sich sonst kaum.

Die funtionelle Definition aus myrmekologischer Sicht als Königin ist angemessen.

Camponotus fedtschenkoi Königin


Schon gewusst? ヅ


Viele Arten haben einen fließenden Übergang zwischen den einzelnen Morphen. Stark polymorphe Arten lassen sich nur 

schwer abgrenzen, während schwach polymorphe Arten sich mit bloßem Auge schnell unterteilen lassen.


Die Aufgabenverteilung bei polymorphen Arten kann ebenfalls fließend übergehen

In der Regel sind es die Kleinsten in einer Kolonie, worauf es wirklich ankommt. Habt ein Herz für jede Ameise. 


Major-Arbeiterinnen sind zwar kräftig, dienen aber selten direkt als "Soldat" oder "Aggressor" -

häufig beschützen Sie das Nest vor Eindringlingen oder bewachen erschlossene Futterquellen. 



Fachbegriffe in der Ameisenhaltung
... und ihre Bedeutung:

Unter monomorph verstehen wir eine relativ einheitliche Größe der Arbeiterinnen innerhalb einer Ameisenart. Lasius niger, Lasius flavus (rechts im Bild), Temnothorax nylanderi, Serviformica fusca, sind nur einige Arten, die eine recht einheitliche Arbeiterinnen-Morphe (=Erscheinung) vorweisen.

Unter polymorph wird in 2 bis 3 Subkasten aufgeteilt. Hier unterscheiden sich die Arbeiterinnen untereinander teilweise sehr. Neben der Kopf- und Körper- und Mandibelgröße sind auch die Funktionen unterschiedlich aufgeteilt.
Atta sexdens, Camponotus ligniperda, Camponotus aethiops, Messor barbarus sind Arten, die stark polymorph sind. Viele weitere Arten reihen sich hier ein.

Schwach polymorphe Arten weisen klarer differenzierbare Arbeiterinnen aus, bei stark polymorphen Arten ist der Übergang fließend. Die genauere Differenzierung würde im Millimeter-Bereich stattfinden - oder müsste wissenschaftlich ausgearbeitet werden. - Womit in naher Zukunft nicht mit zu rechnen ist.

Camponotus pseudoirritans hat beispielsweise nur zwei Subkasten, während Camponotus nicobarensis drei Subkasten aufweist.

Die Bezeichnung Soldat über die Subkaste Major-Arbeiterin ist hier nicht immer zutreffend, da diese Individuen auch ganz andere Aufgaben haben können.

Im Gegenteil: große Major-Arbeiterinnen dienen häufig als Speicherameise oder Verteidigung im Feld oder im Nest.

stark polymorphe Messor barbarus
stark polymorphe Messor barbarus

Die Gründung einer bestimmten Art weist eine Vielzahl von Unterschieden auf.
Im
ersten Teil geht es um die Gründungsform.


Claustral

oder auch als claustrale Gründung bezeichnet; steht für: Von der Außenwelt isolierte Gründung in einer Gründungskammer, bis erste Arbeiterinnen Aus- und Eingänge zur Außenwelt freilegen. Für unsere Heimhaltung gilt:
➥Störungen während dieser Phase vermeiden.
➥ Störquellen (Musik, Bass), (Erschütterungen), (direktes Sonnenlicht) vermeiden.
➥ Eine Fütterung ist meist nicht nötig
➥ Die Gründungskammer sollte dunkel gehalten werden.


Semi-claustrale Gründung

oder auch als semi-claustrale Gründung bezeichnet; steht für: Mit der Außenwelt in Verbindung stehende Gründung in einer Gründungskammer, bis erste Arbeiterinnen Tätigkeiten, wie Futtersuche und Brutaufzucht übernehmen. In den Übergängen findet man gelegentlich Königinnen bei der Futtersuche [Manica, Myrmica].* Für unsere Heimhaltung gilt:

➥ Störungen während dieser Phase vermeiden.
➥ Störquellen (Musik, Bass), (Erschütterungen), (direktes Sonnenlich) vermeiden.
➥ Eine Fütterung ist meist notwendig und wichtig! Bemerkung: Achtet bei der Gattung Manica* darauf, dass ihr zur richtigen Zeit nach einer Königin sucht - und nicht versehentlich eine Königin einer Kolonie mitnehmt. Aufschluss darüber geben die bekannten Schwarmflugtabellen.


Sozial-parasitäre Gründung

oder auch als [sozial-parasitäre Gründung] bezeichnet; steht für: Sozialparasitismus zwischen zwei Ameisenarten. Der Sozialparasit entspringt der gleichen Gruppe. Es werden zwei Formen von sozialen Parasitismus unterschieden:

temporärer Sozialparasitismus; Die Königin einer bestimmten Art ist nicht in der Lage selbstständig zu gründen. Ihr Lösungsansatz ist unentdeckt in einer anderen Kolonie (Wirt) Fuß zu fassen. Hierbei wird häufig die Wirtskönigin erlegt. Die parasitäre Ameisenkönigin nimmt zuvor die Duftstoffe an und beginnt nach kurzer Zeit mit der Ablage eigener Eier, die von der Wirtskolonie umsorgt werden - bis es nur noch Art-eigene Arbeiterinnen gibt.

permanenten Sozialparasitismus; Die Königin dringt ähnlich wie bei dem temporären Sozialparasitismus in eine Wirtskolonie ein, jedoch ist diese Form von Sozialparasitismus ein Leben lang an Hilfs- / bzw. Wirts-Ameisen gebunden. Ein bekanntes Beispiel ist die Art Polygergus rufescens. Jähriche Raubzüge sorgen für einen Nachschub an "Sklavenameisen" - hier genannt Serviformica.


Pleometrose:

[Pleometrose]:
Es finden sich während der
Gründungsphase mehrere Königinnen
der selben Art zusammen.

Bei monogynen Arten gilt;

dafür spricht:

erhöht die Überlebenschance,
erhöht die Individuenanzahl
    an Arbeiterinnen

dagegen spricht:

Königinnen selektieren
    nach Gründung und töten
    sich gegenseitig

Bei polygynen Arten gilt;


dafür spricht:

erhöht die Überlebenschance,
erhöht die Individuenanzahl
    an Arbeiterinnen
Die Königinnen führen
    meist eine gemeinsame
    Strategie als *eine
    Kolonie fort.


dagegen spricht:


In der Heimhaltung wird
    meist übertrieben.



Im zweiten Teil geht es um die Gründungsart.

Eine separate Seite wird einen umfangreichen Aufschluss über mögliche
Formen der Gründung geben.


Monogyn

oder auch als [Monogynie] bezeichnet.

[Monogynie]:
bezeichnet das Vorhandensein einer
einzig begatteten und Eier legenden (fertilen) Königin
in einer Kolonie.

Die Königin gründet in der Regel selbstständig.


Polygyn

oder auch als [Polygynie] bezeichnet.

[Polygynie]:
bezeichnet das Vorhandensein mehrerer Königinnen in einer Kolonie.
Es handelt sich dabei meist um mehrere eierlegende Königinnen.


Oligogyn

oder auch als [Oligogynie] bezeichnet.

[Oligogynie]:
bezeichnet das Vorhandensein mehrerer Königinnen in einer Kolonie.
Anders als bei [Polygynie], sind die Königinnen jedoch häufig räumlich getrennt.
Ein Aufeinandertreffen verläuft in der Regel tödlich.

Bekannte Beispiele für [Oligogynie] sind; (ff.)
Camponotus ligniperda
Camponotus herculeanus
Lasius (Dendrolasius) fuliginosus


Beispiele:

Lasius niger ist strikt monogyn und gründet claustral.

Lasius flavus ist monogyn, aber auch oligogyn und gründet claustral.

Lasius (Chthonolasius) umbratus ist monogyn(*) und gründet über Lasius niger sozial-parasitär.

Lasius (Dendrolasius) fuliginosus ist polygyn, oligogyn und  gründet sozial-parasitär über Lasius umbratus.

Camponotus ligniperda ist monogyn bis oligogyn (selten) und gründet claustral.

Myrmica rubra ist polygyn und gründet semi-claustral.

Manica rubida ist monogyn, ab einer gewissen Größe in der Natur auch polygyn die Königinnen und gründen semi-claustral.

Lasius umbratus:
(*) In der Kunsthaltung bewährt sich nur eine Königin, daher ist meine Vermutung,
dass aufgrund der Duftübernahme, ähnlich wie bei dem Wirt (Lasius niger), nur eine Königin toleriert wird.
Ein Indiz ist, dass die eigenen Arbeiterinnen die eigene Königin nicht verteidigen, bzw die Überreste schnell beseitigen.
Während nur eine Königin - die sozialparasitäre Lasius umbratus - die Kolonie übernimmt und als neue fertile Gyne fungiert.


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