Ein Haltungsbericht über Raptiformica sanguinea (Latreille, 1798 )
Trivialname: blutrote Raubameise
Raptiformica sanguinea
kennt jeder Ameisenhalter - die Haltung verläuft leider selten erfolgreich, daher finden sich auch nur wenige Berichte über diese Art. Meistens wird neben falschen Ansätzen bei der Gründung, auch generell zu trocken gehalten. In diesem Bericht geht es um 5 Kolonien vom Schwarmflug 2022. Diese haben alle bereits eigene Pygmäen und legen in diesem Jahr sicher so richtig los.
Ich bin einer von sehr wenigen Personen in der EU, die verlässlich garantiert fertile Gynen mit ersten eigenen Arbeiterinnen auf dem Markt anbietet.
In der Regel wird nur gepusht und direkt verkauft. Gelegentlich wird auch mal die ein oder andere Kolonie ausgegraben und mit hundert Individuen verkauft. Das ist natürlich alles keine vernünftige Grundlage - und darum ist die Haltung seit 23 Jahren auch generell häufig gescheitert.
Empfehlung:
Diese Art ist für fortgeschrittene Einsteiger und Ameisenhalter interessant. Für Formica/Camponotus Liebhaber optimal.
Das kräftige Erscheinungsbild und das blutrote Aussehen der Media und Major Arbeiterinnen macht diese Art optisch ansprechend.
Ein weiteres Merkmal ist, dass es sich nicht um eine hügelbauende Waldameise handelt. Sie ist somit nicht geschützt und kommt den
bekannten hügelbauenden Waldameisen am nächsten. Somit besteht für die Gruppe Ameisenhalter, die einheimische Arten bevorzugen,
hier sicher ein ganz besonderer Anreiz, diese Art halten zu wollen
Shop / - Vorwort -
Diese Art kann in meinem Shop erworben werden, die Artbeschreibung ist üblicherweise unter den Produktbildern zu finden.
Natürlich kann so eine Artbeschreibung nicht alles abdecken. Aus diesem Grund schreibe ich zu bestimmten Arten einen Haltungsbericht
und nehme Sie gerne mit in die Welt der Ameisenhaltung.
Qualitativer Hinweis:
Ich garantiere fertile Gynen und eigene Pygmäen - meistens halte ich die Kolonien 6-8 Monate vor, bevor diese in den Verkauf gehen.
Gelegentlich finden sich größere Kolonien im Shop an. Diese halte ich entsprechend länger.
Bitte also mit Bedacht und Sorgfalt umgehen.
Steckt immer viel Arbeit/Aufwand hinter so eine Kolonie zu ziehen und nicht einfach aus der Natur auszubuddeln / zu pushen.
Ich wünsche viel Spaß beim lesen - zur Vereinfachung habe ich immer mal wieder bestimmte Stellen farblich makiert.
Abschließend gibt es noch ein aktuelles Video - die Kolonien befinden sich aktuell in der Auswinterungsphase, die ich in meinen Blog's zur Winterruhe / abgekürzten Winterruhe beschrieben habe. Nutzen Sie die Informationen, um ihre Ameisenhaltung zu verbessern.
Haltungs-Update: 07.06.2023
Die ausgewiesenen Kolonien haben eine Nummer und einen Namen erhalten.
Mittlerweile ist jede Kolonie in ihr eigenes Nest eingezogen.
Kolonie 1 (oben) = 45 Arbeiterinnen, gut Brut
Kolonie 2 = 30 Arbeiterinnen, viel Brut
Kolonie 3 = 30-35 Arbeiterinnen, viel Brut
Kolonie 4 = 80 Arbeiterinnen, enorm viel Brut
Kolonie 5 = 50 Arbeiterinnen, gut Brut
Immer mal wieder kommt es zu kleinen, gewohnten, Rückschlägen.
Dem Brutfraß.
Brutfraß ist bei Raptiformica normal - da hier die Serviformica noch deutlich dominanter sind,
als die zarghaften Pygmäen von Raptiformica sanguinea.
Ist diese aktuelle Phase in 2 Wochen überstanden, wird das in etwa so aussehen:
Ist diese Phase erreicht, gibt es nur noch den Halter, der die Kolonie am Wachstum hindern kann.
Auf ein erfolgreiches Jahr 2023 - meine Raptiformica sanguinea wollen es richtig wissen.
Raptiformica sanguinea / Blog
Gründungsphase I
Die Gyne akzeptiert die Sklavenameisen - und umgekehrt.
Die Gyne wird mit Brut gepusht - ob Raptiformica oder Serviformica ist weniger relevant.
Häufiger Fehler:
Der Besitzer pusht die Kolonie mit 100-500 Serviformica Puppen
Die Serviformica hat die Dominanz.
Bietet man ihr Raum ( was in der Natur nicht der Fall ist wegen Konkurrenten ) - dann frisst
egal ob 1: 10 oder 1:20 - Serviformica immer die Brut von Raptiformica
Oder entpuppt die Raptiformica nicht richtig. Mehrere Wochen umsonst.
Ist es zu kühl, ist Serviformica dominanter als Raptiformica.
Gründungphase II
Raptiformica sanguinea Dominanz erreichen - der Besitzer muss die Rahmenbedingungen schaffen,
die Kolonie ohne zu starkes pushen auf eine annehmbare Zahl von Raptiformica sanguinea zu bringen.
Die Raptiformica sanguinea wird bei gleicher stärker in etwa gleich dominant sein, wobei
Media ausgeprägt sein sollten - Pygmäen sind kleiner als Serviformica.
Man wird einen Moment feststellen, wo der Wind dreht.
Jetzt dominiert Raptiformica sanguinea vollständig das Nest und entwickelt sich richtig.
Die Serviformica wurden nun durch Raptiformica ersetzt.
Raubzüge dienen zwar der Brutbeschaffung, zermürben aber eher die Serviformica und andere umliegende Waldameisen,
damit Raptiformica sich ausbreiten kann
Kurzbeitrag und Exkurs in die Haltung von Ameisen
Hier konnte eine Raptiformica sanguinea Späherin von mehreren Serviformica fusca-Arbeiterinnen abgewehrt werden. Es handelt sich hierbei nicht um ein Serviformica-Nest, sondern um das Mutternest der örtlichen Polyergus rufescnens. Die Serviformica - Arbeiterinnen sind deutlich aggressiver auf diese Späherin zu sprechen gewesen.
Hier ist ein sehr großes Raptiformica sanguinea Nest in der Natur zu sehen. Das Nest liegt stark sonnenexponiert am Straßenrand. Die Kolonie weist mehrere 10.000 Individuen auf und läuft Stand jetzt erste kleinere Raubzüge ab. Die Kolonie hat im Jahr 2022 ein Waldameisenhügel ausgeraubt - ob dadurch der Nestbau "hügelbauende Waldameisen" begünstigt wird, kann ich nicht sagen - grundsätzlich weist jede Raptiformica eine leichte Affinität zu schwachen Ameisenhügeln auf. Kleine Kolonien leben im Wurzelwerk von Heidepflanzen, Grassoden - teilweise auch gerne unter Totholz. Die Kolonien haben in der Regel eine eher unauffällige Struktur im jungen Alter, je volksstärker so eine Kolonie wird, desto dominanter und offensichtlicher tritt sie in Erscheinung. Waldameisen haben unter normalen Bedingungen es ebenfalls schwer(er), da die Versorgungswege häufig gestört (gekreuzt) werden. Während Waldameisen bestimmte Punkte anlaufen ( zu Baum A, in die Krone, zu Pflanze A Blattläuse ) und Ameisenstraßen bilden, scheint es mir seit 2-3 Jahren eine regelmäßige Beobachtung zu sein, dass Raptiformica in der Form eines Karos aufgestellt ist. Die große Kolonie stellt sich nachweislich auf dem Raubzug auf der schwach befahrenen Straße auf - und durchkämt im Umkreis von rund 10-15 Meter (ausgehend vom Mutternest) den Waldrand. Hier kommt es regelmäßig zu bedrohlichen Auseinandersetzungen mit den oben genannten Ameisenstraßen der Waldameisen - trotzdem töten sich die Tiere nicht. Sie weisen sich gegenseitig mit Drohgebährden zurück. Nur zum Schwarmflug von Formica s. str. ist eine Dominanz der hügelbauenden Waldameisen zu vermerken - im Frühjahr findet hier auch der Schwarmfug statt. Gehen die Temperaturen nach oben, ziehen die Formica s. str. zurück und ab 15 Uhr wird die sehr wärmeliebede Raptiformica langsam aktiver. Zwischen 16 und 18 Uhr führt sie kleine Raubzüge und Erschließungen durch.
Um einen Eindruck zu geben, was eine natürliche Haltung von Ameisen - eigentlich - bedeutet, habe ich einige Aufnahmen stark besiedelter Flächen eines Waldrandes mitgebracht. Ein Naturbecken empfehle ich dennoch nicht - Ein Naturbecken ist etwas für stark erfahrene Halter und geduldige Menschen, die nicht ständig Einsicht ins Nest haben müssen und sich um die gesamte Anlage kümmern können und wollen - Bewässerung, Entwässerung (Drainage), Beleuchtung, Fütterung, Pflanzenschnitt,...
Diese beiden Bilder zeigen einen günstig gelegenden Baumstumpf. Im letzten Jahr zog hier eine Polyergus rufescens Kolonie ein. Serviformica fusca konnte beobachtet werden. Ob und wie es mit dieser Kolonie weiter geht, wird sich zeigen. Bei entsprechender Interesse kann davon gerne berichtet werden.
Alternativ gab es die Möglichkeit hier Serviformica oder Raptiformica zu kultivieren. Egal welche Art hier genommen worden wäre - die Bedingungen sind mehr als günstig gelegen. Der Baumstumpf bietet Schutz und auf der Negativ-Seite eine feuchte, kühle, schützende Umgebung. Das umliegende Gelände ist recht unscheinbar - jedoch bietet die kleinste Nische Schutz vor Räubern und anderen Gefahren. So können sich Arbeiterinnen im Moos oder in Tannenzapfen verschanzen. Die Ameisen furagieren in der Regel mit der steigenden Sonne und werden besonders agil bei direkter Sonneneinstrahlung. Hier ist der Hinweis zu erleiten, dass eine zu kühle Haltung bei dieser europäischen Ameisenart niemals erfolgreich sein wird. Auch europäische Ameisenarten benötigen bei 24-26 Grad Zimmertemperatur eine Heizmatte. Generell als Tipp: Je Kolonie eine passende Heizmatte.
Hier nistet eine Formica sanguinea Kolonie - vermutlich in der Gründungsphase II. Da hier nur kleine Pygmäen zu erkennen waren. Anders als in der Haltung treten hier deutlich mehr Pygmäen auf. Vermutlich übernimmt "die eine Königin von 1000" ein intaktes Serviformica sanguinea Nest und legt bereits im Schwarmflugjahr 100-500 Eier, woraus durch die räumliche Nähe zur Brut 100-250 Pygmäen schlüpfen. Zu erwähnen ist, dass es sich hier um ein Paradebeispiel handelt. Es existieren bei Raptiformica sanguinea beinahe unendlich viele Variationen in der Gründungsphase I und Gründungsphase II. Bei Gefahr ziehen sich die Ameisen jedoch sehr schnell zurück und es sieht beinahe aus, als wäre gar nichts im Gelände ansässig. Der Schein trügt.
Das hier ist keine Pygmäe - es ist eine Übergangsform von Minor zur Media-Arbeiterin. Diese Arbeiterin kam rund 60 Sekunden später aus dem Nesteingang hinaus und erweckt den Eindruck einer Kundschafterin.
Anders sieht es bei der großen Kolonie aus - hier sonnen sich Major-Arbeiterinnen, bevor die Dämmerung einbricht. Laut diversen Berichten über hügelbauende Ameisen, könnte es sogar sein, dass diese Arbeiterinnen regelmäßig in das Nest gehen, um dort die Wärme in das Nestinnere zu transportieren. Ein weiteres Indiz, dass trotz 27 Grad Celsius, zusätzliche Wärme ins Nestinnere transportiert wird, um ein günstiges Brutklima aufzubauen / anzustreben.
Ein Hinweis in eigener Sache: In der Vergangenheit konnte ich immer wieder Vermischungen feststellen - "Ein Lebensraum, viele Anwärter / Kolonien " Es ist nicht ratsam eine intakte Kolonie von Raptiformica sanguinea zu beschädigen, bzw. auszugraben. Auch ein Brutraub von Puppen ist strikt zu unterlassen. Fallbeispiele: Raptiformica sanguinea räumt Formica s. str. Nest aus und die Puppen der Formica s. str. sind ebenfalls streng geschützt. Formica s. str. Gyne kann geschwächte/weiselose Raptiformica sanguinea Kleinkolonie übernommen haben - die Arbeiterinnen bestehen aus Serviformica und Raptiformica - einige Monate später wurde ein Hügel errichtet und die Arbeiterinnen waren einheitlich Formica s. str. vermutlich Formica rufa.
Hier ist es also ratsam insbesondere über Königinnen der Art Raptiformica sanguinea eine Kolonie aufbauen zu wollen. Da in den letzten 20 Jahren dies idR weniger erfolgreich verlief, ist es heute erschwinglich für unter 30€ intakte Kleinkolonien zu erwerben. Vom Fachmann (zum Beispiel von mir).
Abschließend endete der Ausflug mit zahlreichen neuen Bildern der lokalen Natur und einer positiv gestimmten Einstellung auf dieses Jahr. Viele Kolonien von Raptiformica haben ohne Probleme den Winter überstanden und bauen sich zur Zeit weiter auf. Erste Raubzüge sind erkennbar - Kundschafter und Späher sind verteilt überall aufzulesen. Wehrhafte Serviformica haben aktuell noch eine Chance diese abzuwehren - das dürfte sich demnächst ändern. Einblicke in die faszinierende Welt der europäischen Ameisenwelt gehen einher.
Ein weiteres Erdnest - Raptiformica sanguinea - hier jedoch bereits der erste kleine Raubzug. Die Eingänge wurden hier scheinbar zuvor erweitert, um das Eintragen von Puppen zu erleichtern.
Absolute Steppe - Raptiformica sanguinea liebt es warm. Benötigt jedoch, wie alle anderen Ameisen auch, eine Möglichkeit sich der direkten Sonneneinstrahlung zu entziehen ( tiefere Kammern, kühlere und feuchtere Zonen im Wurzelwerk, Totholz).
Ein sonniger Abschuss für diesen Exkurs - in den nächsten zwei Wochen geht es dann, wie gewohnt, mit dem Raptiformica sanguinea Haltungsbericht weiter. Die fünf Kolonien werden kurz vorgestellt - im neuen Nest.
.... hier geht es demnächst weiter - Ich wünsche weiterhin viel Spaß und Erfolg in der Ameisenhaltung!